Im ersten Teil haben wir die Konzepte der drei Problembereiche sowie die Innere Not kennen gelernt. In Teil 2 wird auf den Aspekt der Authentiztät und der Selbsteinbringung des Coaches eingegangen.
Manchmal kommt es vor, dass (insbesondere in einem Zwangskontext bei fehlender oder geringer Freiwilligkeit des Klienten) der Klient äußert, dass er dem Coach/Berater/Supervisor nicht vertraut, an seiner Neutralität zweifelt oder dass er den Eindruck hat, dass der Coach lieber eigene Ziele verfolgt als sich an den Zielen des Klienten zu orientierten.
Unabhängig etwaiger Fakten (und die Suche nach der reinen Wahrheit artet dann in eine Art Räuber-und-Gendarm-Spiel aus und ist nicht zielführend) liegt hier ein Rapport-Bruch vor – Klient und Coach arbeiten nicht mehr miteinander, sondern gegeneinander.
An dieser Stelle dem Klienten zu erklären, dass er sich vollkommen irrt, führt meistens dazu, dass der Klient sich bestätig fühlt – hat er doch (sinngemäß) gesagt, dass der Coach ihn in seinen Bedürfnissen nicht erst nimmt (vgl. die Innere Not) und nun erklärt ihm der Coach, dass sein Eindruck (sein inneres Erleben) falsch sei.
Manche klassisch ausgebildete Berater haben gelernt, bis zur letzten Möglichkeit den Klienten in solchen Fällen zu spiegeln:
Klient: „Sie nehmen mich nicht ernst“
Berater: „So kommt Ihnen das vor….“
Klient: „Sie hören ja gar nicht auf das, was ich sage!“
Berater: „Das scheint so Ihr Eindruck zu sein…“
Klient: „Wollen Sie sich über mich lustig machen?!?!“
Berater: „So wirkt das jetzt auf Sie….“
Sollte hier der Eindruck einer Szene aus einem Monty-Python-Film entstanden sein, so kann sich der Leser sicher sein, dass es sich hier um die Darstellung realer Beratungssituationen handelt, denen der Autor beiwohnen konnte (musste).
Grundsätzlich ist das Spiegeln des inneren Erlebens hilfreich (im obigen Beispiel wurde nicht das innere Erleben des Klienten widergespiegelt, denn das Innere Erleben war der Wunsch, sich ernst genommen fühlen zu können und der implizite Appell an den Berater, hier dies aufzugreifen und als Mensch präsent zu sein).
Ebenso ist eine gewisse Provokation (wie im Ansatz von Frank Farelly) nützlich, um Blockaden aufzulösen. Vergessen wird oft, dass diese methodischen Vorgehensweisen von einer Haltung des Respekts und der Wertschätzung gegenüber dem Klienten als auch einer gegenseitigen Atmosphäre des Vertrauens getragen werden muss. Wird der Klient in seinen Aussagen zurückgespiegelt, so kann sich schnell bei ihm das Gefühl entwickeln, man nehme ihn nicht ernst.
Erschwert wird dies dadurch, dass in vielen Ausbildungen kolportiert wird, man habe als Berater/Coach/etc. keinen Einfluss auf das innere Erleben des Klienten. Wie der Klient fühlt, ist außerhalb des Einflussbereichs des Beraters.
Der Autor sieht dies ganz anders: wie in jeder zwischen menschlichen Interaktion kann ich zwar nicht determinieren, wie genau ein Klient auf einen Äußerung von mir reagieren wird, ich kann jedoch im Sinne einer Prozessgestaltung die Wahrscheinlichkeit beeinflussen, dass die Interaktion sich eher in die eine Richtung oder in die andere Richtung entwickeln wird.
Als Vorschlag zur Vorgehensweise hat sich für den Autor das Konzept der Selbsteinbringung bewährt. Hierbei schildert der Berater aus einer wertschätzenden Perspektive, wie er das momentane Geschehen versteht und was seine eigenen Wünsche wären
„Es kann sein, dass durch das, was ich gesagt oder nicht gesagt habe, bei Ihnen der Eindruck entstanden ist, ich sei Ihnen gegenüber nicht ehrlich oder verbünde mich mit anderen gegen Sie [Ansprechen der vermuteten Inneren Not].
Sollte dieser Eindruck entstanden sein [der Eindruck des Beraters wird als hypothetisch angenommen, damit der Klient nicht das Gefühl erhält, er wird erneut in seinem Inneren Erleben fremddefiniert] so möchte ich mich entschuldigen [dies muss ernst gemeint sein, sonst wirkt es wie eine Farce]. Dies war nicht meine Absicht [Überleitung zur konstruktiven Arbeitsbeziehung].
Ich glaube, dass es hier vorrangig wichtig ist, dass wir unsere Arbeitsbeziehung erneut in den Blick nehmen, damit wir wieder gemeinsam an den Zielen arbeiten können. Dazu bräuchte ich Ihre Unterstützung [Klient wird auf gleicher Augenhöhe angesprochen]. Was müsste ich tun oder was bräuchten Sie von mir, damit Sie eher das Gefühl haben können, mir vertrauen zu können – auch unter der Annahme, dass es niemals einen endgültigen Beweis gibt, dass ich Sie nicht doch hintergehen könnte [mögliche weitere Innere Not/Sorge des Klienten wird angesprochen und damit enttabuisiert].“
Beim Leser könnte der Eindruck nun entstehen, dass hier der Klient wie ein „rohes Ei“ behandelt wird und der Coach ihn doch nicht mit „Samthandschuhen“ anfassen soll, denn schließlich muss man(n) ja auch „’mal ‚was aushalten“ können.
Aus Sicht des Autors, der unzählige Gespräche mit Personen im Zwangskontext geführt hat, ist diese Art der Beziehungsgestaltung für den Klienten – wenn sie von ehrlicher Wertschätzung und dem ehrlichen Interesse am anderen Menschen getragen wird – Ausdruck von gegenseitigem Respekt, der in den allermeisten Fällen (keine Regel ohne Ausnahme) zu einer Wiederaufnahme der Arbeitsbeziehung geführt hat.
Voraussetzung hier ist die Fähigkeit des Coaches, sich in diesen Momenten mit der Kritik des Klienten an seiner Person auseinanderzusetzen und sich selbstkritisch die Frage zu stellen, welchen Anteil an dem Rapportbruch in der Person des Coaches oder seiner Art zu Coachen liegt.
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