In Teil 1 und Teil 2 sind wesentliche Grundkonzepte im Umgang mit Widerstand dargestellt worden. Dies sind wesentliche Handwerkszeuge, die vielfältig einsetzbar sind….wenn es bereits eine schwierige Interaktion gibt.
Hilfreicher ist es, wenn die schwierige Interaktion bereits im Vorfeld vermieden werden kann. Dazu sollen hier die Konzepte der „Klärung des Überweisungskontextes“ und die „De-Triangulation“ vorgestellt werden.
In vielen Situationen stellt sich heraus, dass der Klient nicht oder nicht ausschließlich auf eigenem Wunsch den Coach aufgesucht hat. Manchmal hat er mehr auf Wunsch (oder Anweisung) einer dritten Person das Gespräch mit dem Coach aufgesucht, als dass es ein eigener Wunsch wäre.
Mögliche Fragen könnten sein:
»Was führt Sie heute zu mir?«
»Haben Sie mich eher auf eigenen Wunsch aufgesucht oder hat Ihnen jemand nahegelegt, zu mir zu kommen?«
In Abwandlung können diese Fragen auch Gruppen gestellt werden:
»Sehen Sie diesen Workshop eher als Vorgabe Ihres Arbeitgebers, der Sie nachkommen müssen oder mehr als Chance für sich selber?«
»Wenn die Teilnahme für Sie nicht verpflichtend wäre, sondern freiwillig…mit wieviel Prozent Wahrscheinlichkeit wären Sie dann dennoch gekommen und mit welcher Wahrscheinlichkeit wären Sie eher fern geblieben?«
Zu berücksichtigen sind hier natürlich noch Aspekte wie „Vertrauen die Teilnehmer dem Coach?“, „Wollen und Können die Mitarbeiter vor ihren Kollegen offen ihre Meinung sagen?“, usw. Bei Zweifel an der Verschwiegenheit des Coaches könnten statt des Gesprächs verschiedene kurze nonverbale und eher anonymisierte Meinungsabfragen durchgeführt werden.
Wenn festgestellt wurde, dass der Klient eher auf Anweisung einer dritten Person anwesend ist, kann noch nicht automatisch von einer Veränderungsmotivation des Klienten ausgegangen werden (ggf. ist er auch motiviert, den Status Quo möglichst effektiv aufrecht zu erhalten).
Im schlechtesten Fall signalisiert der Klient, dass es nun Aufgabe des Coaches wäre, etwas Sinnvolles in die Wege zu leiten, da er (der Klient) ja alles gemacht habe, was man von ihm verlangt habe (körperliche Anwesenheit). Der Überweiser (dritte Person) wiederum wird in dieser Konstellation möglicherweise vom Coach erwarten, dass er jetzt eine Veränderungsbereitschaft beim Klienten hervorbringt. In dieser Konstellation liegt die Verantwortung für den weiteren Prozess beim Coach (bzw. kann es passieren, dass der Coach die Verantwortung für den weiteren Prozessverlauf sich selber auferlegt. Eine Triangulierung, eine dysfunktionale Triade zwischen Coach, Klient und (nicht anwesendem Überweiser) hat sich eingestellt.
Die De-Triangulierung löst diese Konstellation wieder auf, delegiert die Verantwortung wieder an den Klienten und erarbeitet Ansatzpunkte für Veränderungsprozesse:
Wenn der Klient signalisiert, dass er nicht aus eigenem Interesse anwesend ist, stellt sich die Frage, weswegen er dann überhaupt gekommen ist:
»Wenn Sie selber keine Notwendigkeit für ein Gespräch sehen, wie kommt es denn, dass Sie denn dann trotzdem gekommen sind?«
In der Regel werden hier nun Nachteile genannt, die der Klient befürchtet, wenn er den Anweisungen nicht Folge leistet. Um dies deutlicher herauszuarbeiten, kann nachgefragt werden:
»Angenommen, Sie würden sich jetzt entscheiden, keine weiteren Gespräche mehr in Anspruch zu nehmen, wie würde dann X [dritte Person] darauf reagieren und welche Auswirkungen hätte für Sie?«
»Was erwarten X denn von Ihnen mindestens? Was müssten Sie tun, damit Ihnen X keine Probleme bereitet?«
»Warum glaubt denn X, dass es notwendig ist, dass Sie zu mir kommen? Und was müsste passieren, damit X davon überzeugt ist, dass Sie nicht mehr zu mir kommen müssen?«
Da der Klient in erster Instanz sich auf das Gespräch eingelassen hat (er hätte dem Gespräch auch fernbleiben können), kann davon ausgegangen werden, dass es zumindest einen minimalen Vorteil für den Klienten hatte, zum Gespräch zu kommen statt diesem fernzubleiben.
Es können nun noch die möglichen Folgen und deren Auswirkungen bzw. die Vor- und Nachteile des Fernbleibens vs. des Kommens reflektiert werden. Am Ende kann nun der Coach dem Klienten sinngemäß folgende Vorschläge machen:
»Wenn Sie selber für sich keinen Nutzen in den Gesprächen sehen, jedoch ein Abbruch für Sie mehr Nachteile bringt, und Sie einfach nur regelmäßig bei den Sitzungen anwesend sein müssten, was halten Sie denn davon, wenn wir das erst einmal genau so machen?«
»Was halten Sie davon, wenn wir beide versuchen, herauszufinden, wie Sie X davon überzeugen können, dass Sie nicht mehr zu mir gehen müssen?«
Der Coach tritt hier bewusst nicht in die Rolle des „verlängerten Arms“ des Überweisers, sondern erarbeitet einen ersten Kompromiss, um die Voraussetzungen für eine Arbeitsgrundlage zu schaffen. Die Verantwortung für das weitere Prozessgeschehen wird wieder dem Klienten gegeben und er wird in seinen Handlungsoptionen gestärkt (De-Triangulation).
Die hier skizzierte Vorgehensweise ist ein hilfreiches Basiskonzept, mit dem der Autor in der Arbeit mit Personen im Zwangskontext gute Erfahrungen gemacht hat. Je nach Verlauf muss diese Vorgehensweise natürlich angepasst oder mit anderen Konzepten ergänzt werden. Die Beispielfragen sollen ebenso nicht als wörtliche Vorgaben verstanden werden, sondern als Anregungen dienen, seine eigenen Formulierungen und Fragestellungen herauszuarbeiten.
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